Elektronische Patientenakte (ePA): Wandel braucht Aufklärung – und muss alle mitnehmen
Seit dem 1. Oktober 2025 ist die elektronische Patientenakte (ePA) fester Bestandteil des deutschen Gesundheitswesens.
Ihr Ziel: eine vernetzte, schnellere und transparentere medizinische Versorgung.
Doch ein so großer Systemwechsel funktioniert nicht von heute auf morgen. Für viele Einrichtungen – etwa Krankenhäuser – gelten noch Übergangsfristen, um technische und organisatorische Abläufe anzupassen.
Wichtig: Die Nutzung der ePA ist nicht verpflichtend. Patient:innen können jederzeit widersprechen oder ihre Akte löschen lassen.
Ein gutes Konzept mit Anlaufschwierigkeiten
Die Idee hinter der ePA ist überzeugend: Patient:innen sollen mehr Kontrolle über ihre Gesundheitsdaten erhalten, Doppeluntersuchungen vermeiden und Ärzt:innen besser vernetzen können.
In der Praxis zeigt sich aber: Die ePA ist in vielen Bereichen noch ein sogenanntes „Bananenprodukt“ – also eine Anwendung, die erst nach ihrer Einführung reift. Viele Funktionen werden schrittweise ergänzt, was bei Nutzer:innen teilweise zu Verwirrung führt.
Auch die Freischaltung und digitale Authentifizierung sind aktuell noch komplex. Der Vorsitzende des Hausärzteverbands Nordrhein, Christian Sommerbrodt, bezeichnete die ePA daher als „Telefon mit Wählscheibe“ – und ergänzte zugleich:
„Jede ePA ist besser als keine ePA.“
Die Vorsitzende des Hausärzteverbands Rheinland-Pfalz, Dr. Barbara Römer, rechnet damit, dass es noch Jahre dauern wird, bis alles rund läuft. Ihrer Meinung nach sind vor allem App-Zugang und Authentifizierung für viele Menschen große Hürden.
Herausforderungen im Alltag
Gerade ältere oder weniger digital affine Menschen stehen vor Fragen wie:
- Wie installiere ich die ePA-App?
- Was bedeuten Begriffe wie „Zugriffsrechte“ oder „Dokumentenfreigabe“?
- Wer hilft mir, wenn ich mich unsicher fühle?
- Und: Was passiert, wenn ich keine App nutzen kann oder möchte?
Wer kein Smartphone oder Tablet besitzt, kann die ePA auch passiv nutzen: Ärzt:innen und andere Behandelnde können dann Gesundheitsdaten speichern und abrufen – Patient:innen selbst können jedoch keine Dokumente hochladen oder Zugriffsrechte steuern. In diesen Fällen unterstützen Krankenkassen oder ihre Ombudsstellen.
Digitale Teilhabe ermöglichen
Damit die ePA ihrem Anspruch „für alle“ gerecht wird, braucht es gezielte Unterstützung:
- Verständliche Informationen
- Aufklärung in einfacher Sprache – online und offline.
- Persönliche Beratung über Sozialdienste, Apotheken, Hausärzte oder geschulte Digitaltrainer:innen.
- Unterstützungsangebote vor Ort
- Digitale Sprechstunden, Info-Cafés oder Kurse in Mehrgenerationenhäusern.
- Praktische Hilfe beim Start der App oder bei Fragen zu Zugriffsrechten.
- Vertraute Ansprechpersonen
- Pflegekräfte, Ärzt:innen und Apothekenteams sind wichtige Vermittler:innen.
- Sie sollten technisch und kommunikativ geschult sein, um Patient:innen gut begleiten zu können.
- 1-zu-1-Hilfe und Alternativen
- Unterstützung auch für Menschen ohne Angehörige, die die App selbstständig nutzen möchten.
- Analoge Wege müssen bestehen bleiben – niemand darf durch digitale Verfahren ausgeschlossen werden.
Ein Marathon, kein Sprint
Die Einführung der ePA ist ein wichtiger Meilenstein – aber sie braucht Zeit.
So eine Veränderung ist ein Marathon, kein Sprint. Entscheidend ist, dass alle Patient:innen mitgenommen werden, auch diejenigen mit wenig digitaler Erfahrung.
Unser Fazit
Die ePA ist ein Schritt in Richtung moderner Gesundheitsversorgung – aber sie zeigt auch, wie wichtig digitale Bildung und Unterstützung sind.
Nur wenn Menschen verstehen, wie Systeme funktionieren, können sie davon profitieren.
Digitalisierung im Gesundheitswesen ist nur dann Fortschritt, wenn sie inklusiv gedacht wird.
Weitere Informationen finden Sie auf den Seiten der
➡️ gematik GmbH,
➡️ Verbraucherzentrale NRW,
➡️ und bei Ihrer Krankenkasse.
Vorträge und Austausch
Für alle, die sich ausgewogen über Chancen und Kritikpunkte der ePA informieren möchten, bieten wir Vorträge an:
📅 Mittwoch, 12. 11., 15:00 Uhr
📍 Bürgerhaus Bennohaus, Bennostraße 5
📅 Mittwoch, 07. 11., 14:30 Uhr
📍 Franziskushaus der St. Franziskusgemeinde, Schneidermühler Str. 23, Coerde